Darf der Arbeitgeber mir vorschreiben, wohin ich in den Urlaub fahre?
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Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachen, in welchem sich die zuständigen Richter gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz stellten, reichen allein vom Arbeitgeber erstellte technische Zeitaufzeichnungen nicht aus, um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Überstundenvergütung zu belegen. (LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.05.2021 – Az. 5 SA 1292/20).
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Das Gesetz selbst definiert an keiner Stelle diesen Begriff. Als Überstunde gilt daher nach allgemeiner Auffassung, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschritten wurde. Hat man vertraglich sechs Stunden Arbeitszeit vereinbart, gilt die siebte Stunde daher als Überstunde. Sobald Überstunden vertraglich vereinbart wurden, muss man sie auch leisten.
Ein Arbeitnehmer machte eine Überstundenvergütung für einen Zeitraum von insgesamt 1,5 Jahren auf Basis der vom Arbeitgeber erstellten technischen Zeitaufzeichnung geltend. Ob diese Aufzeichnungen zur Erfassung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit erstellt worden waren, war zwischen den Parteien streitig.
Das Arbeitsgericht Emden hatte der Klage zunächst in einem Teilurteil stattgegeben. Die zuständigen Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Arbeitgeber jedenfalls in europarechtskonformer Auslegung des § 618 BGB zur Erfassung und Kontrolle der Arbeitszeiten des Arbeitnehmers verpflichtet gewesen ist und verwiesen auf Art. 31 Abs. 2 Grundrechtecharta. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, reichen die vorgelegten technischen Aufzeichnungen als Indiz für die geleistete Arbeitszeit aus.
Das LAG folgte der Auffassung der Vorinstanz nicht. Demnach hat das von der Vorinstanz in Bezug genommene Urteil des EuGH vom 14.05.2019 (NZW 2019, 683) keine Aussagekraft für die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess im Hinblick auf die Frage der Anordnung, Duldung oder Betriebsnotwendigkeit von Überstunden.
Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts hat der EuGH keine Kompetenz zur Entscheidung über die Frage der Vergütung (vgl. Art. 153 AEUV).
Der Kläger hätte die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch klar darlegen müssen. Ferner sei im vorliegenden Fall auch keine Anordnung des Arbeitgebers oder eine betriebliche Notwendigkeit ersichtlich, die etwaige Überstunden rechtfertigen würden. Auch sei nicht von einer Billigung oder Duldung seitens des Arbeitgebers auszugehen.
Grundsätzlich ist bezüglich Überstunden nicht sofort etwas rechtlich zu beanstanden. Jedoch muss der Arbeitgeber Grenzen einhalten. Bezüglich der maximalen Anzahl an Überstunden in der Woche ist auf das Arbeitsgesetz (ArbZG) zurückzugreifen. Demnach dürfen Sie nur in der Woche nur 48 Stunden arbeiten und ein Arbeitstag dürfte maximal zehn Stunden umfassen.
Rechtstipp: Die Regelmäßigkeit von Überstunden ist nicht gestattet.
Als Arbeitgeber ist man auch verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die reguläre Arbeitszeit der Arbeitnehmer innerhalb von sechs Monaten auf acht Stunden pro Tag sinkt.
Grundsätzlich gilt das ArbZG auch für Führungskräfte. Als Ausnahmen gelten vor allem Ärzte, die durch spezielle Sonderregelungen in Tarifverträgen oft viel länger arbeiten müssen. Sind Sie als Arbeitnehmer aber bspw. schwerbehindert oder schwanger, dann dürfen Sie Überstunden ablehnen!
Das Landesarbeitsgericht betonte in diesem Fall, dass es bei einem Vergütungsanspruch für Überstunden darauf ankommt, welche Arbeiten der Arbeitnehmer geleitet hat und warum er sie nur mittels Mehrarbeit habe bewältigen können.
Rechtstipp: Die reine Anwesenheit am Arbeitsort reicht nicht aus, um einen Vergütungsanspruch für Überstunden zu haben. Die Überstunden müssen vorher von Ihrem Arbeitgeber ausdrücklich angesetzt worden sein!
Das können Sie in der Praxis bestenfalls dadurch nachweisen, dass Sie es sich von Ihrem Arbeitgeber schriftlich bestätigen lassen (Stundenzettel o.ä. Vgl. BAG 3.11.2004 Az. 5 AZR 648/03).
Inwiefern man Überstunden unabgegolten lassen kann, ist vom Gesetzgeber nicht festgelegt worden. Die Rechtsprechung geht aber von 10-15% der Arbeitszeit aus.
Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Fall die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, weswegen vorerst abzuwarten bleibt, wie das endgültige Urteil lauten wird und ob/ wie der Arbeitgeber die unionsrechtlichen Pflichten zur Dokumentation der Arbeitszeit in der betrieblichen Praxis umsetzen soll.
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Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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