Medienstaatsvertrag – Neue Regelungen für Streamer und Co.

Guido Kluck, LL.M. | 29. Juli 2020

Am 1. Mai 2020 unterzeichneten alle Regierungschefs der Länder den neuen „Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland“ (Medienstaatsvertrag). Durch diesen werden zum einen die Änderungen der Richtlinie 2010/13/EU (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) umgesetzt, was bis zum 19. September 2020 erfolgt sein muss, zum anderen wird der bestehende Rundfunkstaatsvertrag einer gründlichen Überarbeitung unterzogen und zusätzlich sein Anwendungsbereich auf neue Fallgruppen ausgeweitet. 

Wir erläutern Ihnen welche Änderungen und Pflichten Akteure treffen können!

Zunächst wurde ein neuer Rundfunkbegriff erarbeitet. Früher verstand man unter Rundfunk einen linearen Informations- und Kommunikationsdienst, dessen Angebote in Bewegbild oder Ton entlang eines Sendeplans folgen.

Nun versteht man unter dem „modernen“ Rundfunkbegriff, dass diese Angebote zusätzlich jounalistisch-redaktionell gestaltet sein müssen. Weggefallen ist aber das zuvor vorausgesetzte Merkmal der „elektromagnetischen Schwingungen“, welches durch „Übermittlung von Telekommunikation“ ersetzt wurde.

Nun wurde erstmalig die (Legal-)Definition des Sendeplans in den Staatsvertrag mitaufgenommen. 

Hier wird es vor allem für Streamer und Co. intereressant, denn das Verwaltungsgericht Berlin entschied am 26.09.2019, Az. 27 K 365.18, dass Live-Streams der BILD-Zeitung zulassungspflichtiger Rundfunk seien. Hier wurde von der Kammer der Begriff „Sendeplan“ weit ausgelegt und bejaht diesen, wenn der Streamer, wie in diesem Fall, drei Live-Streams pro Woche sendet. Die BILD-Zeitung sendete wöchentlich werktags zu einer bestimmten Zeit Live-Streams zu aktuellen Ereignissen. Jede Ausstrahlung bestand dabei für sich aus einer einzelnen Sendung.

Das VG Berlin bejahte also die Rundfunkeigenschaft und verneinte damit gleichzeitig die für Streamer wichtige Frage, ob einzelne Sendungen unmittelbar aufeinander folgen müssen.

Gem. § 2 Abs.2 Nr.2 MStV-E ist ein Sendeplan eine auf Dauer angelegte und vom Nutzer nicht veränderbare Festlegung der inhaltlichen und zeitlichen Abfolge von Sendungen.

Positives für Streamer

Früher bedurfte jeder „Hobby-Streamer“ eine Rundfunk- bzw. Sendelizenz. Das sorgte regelmäßig für Unsicherheiten, da nach alter Rechtslage die besagte Lizenz bei mindestens 500 potentiellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang lag.

Nun wurde in § 54 MStV-E festgelegt, dass es sich um zulassungsfreien Rundfunk handelt, wenn der Stream im Durchschnitt der letzten sechs Monate weniger als 20.000 Nutzer gleichzeitig erreicht hat. Auch können, nach dem sogenannten „Bagatellrundfunk“ Programme mit größerer Reichweite ausgenommen sein, wenn nur eine „geringe Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung entfallen“

Neue Akteure im Anwendungsbereich

Durch den Medienstaatsvertrag werden die unter den Rundfunk fallenden Adressaten neu betrachtet und stärker differenziert. Dadurch kommen aber auch eine Reihe neuer Akteure ins Spiel, die nun auch unter den Anwendungsbereich fallen. 

Das sind z.B. Rundfunkähnliche Telemedien gem. § 2 Nr 13 MStV-E (Sky, Amazon Prime etc.), Medienplattformen gem. § 2 Nr. 14 MStV-E (Magenta TV oder Zatoo), Benutzeroberflächen gem. § 2 Nr. 15 MStV-E (Smart-TV‘s) und Video-Sharing-Dienste gem. § 2 Nr. 22 MStV-E.

Was sind Medienintermediäre und welche Pflichten haben sie?

Neu ist auch der Begriff „Medienintermediäre“. Er beschreibt „Telemedien, die journalistisch-redaktionell Angebote von Dritten allgemein zugänglich präsentieren, selektieren, ohne dass diese zu einem Gesamtangebot zusammengefasst werden.“ Gemeint sind damit Suchmaschinen, Soziale Netzwerke, Apps, Blogging Portale usw., also Plattformen die nicht selbst Content produzieren, sonder Inhalte von Dritten zusammenstellen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. 

Folgende Pflichten müssen nun von diesen Medienintermediären befolgt werden:

  1. Das Tranzparenzgebot ist nach § 93 MStV-E einzuhalten. Das bedeutet sie müssen Inhalte auswählen und nach bestimmten Inhalten und auch nach Kriterien auswählen und präsentieren. 
  2. Das Diskriminierungsverbot ist gem. § 94 MStV-E zu beachten, das heißt Medienintermediäre dürfen die Auffindbarkeit journalistisch-redaktioneller Angebote nich ohne sachlichen Grund beeinträchtigen.

Aber Achtung: diese Regelungen gelten erst für Medienintermediäre mit Nutzern ab 1 Million pro Monat, also Facebook/ Google usw., jedoch auch für Sprachassistenten. Ausgenommen sind dabei Internet-Shops, wenn die Präsentation und Auswahl im Bezug zu den Waren oder Dienstleistungen steht, sowie Intermediäre, deren Zweck ausschließlich privater oder familiärer Natur ist. 

Fazit

Der neue Medienstaatsvertrag bringt neue Akteure ins Spiel, die auch auf die Einhaltung der Regelungen achten müssen. 

Ausgeblieben sind mit dem neuen Medienstaatsvertrag leider u.a. Regelungen zum Thema Überwachung des Datenschutzes, Überschreitung der Streamingzahlen und der Nutzer.

Grundsätzlich bedeutet der Medienstaatsvertrag für Streamer aber zunächst mehr Rechtssicherheit, da Lizenzen erst ab bestimmten Kriterien benötigt werden. Vorsicht ist allerdings für App-Entwickler, Medienintermediären und Video-Streamern geboten! Wir raten Ihnen daher bei rechtlichen Unsicherheiten in diesem Bereich mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir beraten Sie schnell und unkompliziert in allen rechtlichen Belangen zum Thema Medienstaatsvertrag und dessen Besonderheiten, insbesondere zum Thema Datenschutz, ab wann eine Anmeldung erfolgen sollte und wann Bagatellrundfunk vorliegt.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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