Gebrauchtwagen-Käufer und VW
Auch Gebrauchtwagen-Käufer haben einen Anspruch gegen die Volkswagen AG. Das OLG […]
Insgesamt 2800 geschädigte Autokäufer haben ihre Schadensersatzansprüche gegen die VW-Tochter Audi an den Rechtsdienstleister Myright abgetreten. Myright verklagte Audi sodann auf 77 Millionen. Doch das Landgericht Ingolstadt wies die Klage ab. Im Prozess ging es speziell um Fahrzeuge der Marke Audi, in dem die VW-Vierzylinder-Motoren des Typs EA189 verbaut sind. Diese wurden im Rahmen des Dieselskandals mit einer Schummelsoftwareversehen, bei dem die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand die vorgegeben Grenzwerte einhielt.
Als Grund für die Abweisung der Klage führte das LG Ingolstadt aus, dass die Abtretungen der Ansprüche der geschädigten Autokäufer nichtig sind. Grundsätzlich seien solche Massenabtretungen an Rechtsdienstleister wie der Klägerin, seit der Lexfox-Entscheidung (Urt. v. 27.22.2019; Az.: VIII ZR 285/18) durch den BGH, möglich. In diesem Fall aber scheitert es gar nicht an der „Massenabtretung“, sondern an den Abtretungen im Einzelnen. Diese würden die abtretenden Käufer nämlich aufgrund „einer die Käufer benachteiligenden Regelung“ benachteiligen und das Vorgehen daher nicht mehr von der „Inkassodienstleistungsbefugnis der Klägerin nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz gedeckt“ sein.
Im Grunde genommen lautet der Deal mit dem Myright wirbt, dass sie die Prozesskosten und damit auch das Risiko einer Niederlage für die abgetretenen Ansprüche auf sich nehmen.Geklagt hatte Myright auf Zahlung des Kaufpreises plus Zinsen, abzüglich einer Nutzungsentschädigung.
In der Klage wird also begehrt, was der BGH in einem seiner Grundsatzurteile zum Dieselskandal bereits dem Grunde nach zugesprochen hat (Urt. v. 25.5.2020; Az. VI ZR 252/19). Im Falle eines Erfolgs vor Gericht würde dem Abtretenden der gerichtlich festgelegte Betrag zwar zugesprochen, jedoch würden 35% des zugesprochenen Geldes von Myright für die Dienstleistung einbehalten werden. Für den Autokäufer fallen also keinerlei Kosten an, was auf den ersten Blick tatsächlich nach einem guten Deal klingt. Problematisch wird es aber, wenn der Abtretende mit dem geschlossenen Vergleich nicht zufrieden ist. Wäre er selbst Kläger, würde man einem solchenungewünschten Vergleich gar nicht erst zustimmen. Hat man seinen Anspruch aber abgetreten, bleibt einem nur noch der Widerruf des bereits geschlossenen Vergleichs. Dann wäre für den Käufer aber plötzlich die ganze Rechtsverfolgung nicht mehr kostenfrei.
Durch diese Konstellation ist man faktisch seiner Rechte beraubt, da man so im Nachhinein hohe Kosten zu fürchten hat. Das Gericht folgerte daraus so wörtlich „sowohl einen unzulässigen wirtschaftlichen Druck für den jeweiligen Käufer, als auch einen Interessenkonflikt zwischen dem Käufer und der Klägerin“. Die Abtretung benachteilige den Käufer also in unzumutbarer Weise, weshalb die Abtretungsvereinbarungen nichtig sind. Ohne wirksame Abtretungen, kann Myright aber wiederum nicht die Rechte der Käufer geltend machen. Die Klage war also abzuweisen.
Gegen dieses Urteil plant Myright bereits möglicherweise Berufung einzulegen. Man wartet jedoch noch die schriftliche Urteilsbegründung ab. Volkswagen und seine Tochter Audi sehen sich wiederum in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, dass eine von externen Prozessfinanzierern und außergerichtlichen Inkassodienstleistern finanzierte und durchgeführte Sammelklage nicht zulässig sei.
Myright selbst ist eine Marke des InkassodientleistersFinancialright und bezeichnet sich sogar als „Erfinder der VW-Sammelklage im Abgasskandal“. Entsprechend der Standorte der beiden Autokonzerne hat Myright die größten Sammelklagen in Braunschweig und Ingolstadt eingereicht. Bis zu 1500 Klagen sind noch anhängig. Bislang handelt es sich um das einzige Verfahren in Deutschland, bei dem geschädigte Autokäufer sich ohne Kostenrisiko online beteiligen können. Dennoch wird von vielen Rechtswissenschaftlern, unter anderem aus oben aufgeführten Gründen, gewarnt.
Die Abtretungen seiner Rechte an Dienstleister wie Myright hat viele Vorteile, birgt aber auch einige Risiken denen die Gerichte nun scheinbar einen Riegel vorschieben. Ob die Berufung, sollte es tatsächlich zu ihr kommen, Erfolg hat bleibt abzuwarten.
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Lesen Sie auch unseren Artikel „BGH 4x zum Dieselskandal – ein Überblick“.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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