Neue Chance für Verbraucher – Warum Sie weiterhin Ihren Darlehensvertrag widerrufen können

Guido Kluck, LL.M. | 17. Januar 2019

Immer wieder gehen Entscheidungen von Gerichten durch die Medien, welche unwirksame Klauseln in den AGB von Banken und Sparkassen zum Inhalt haben. So auch im letzten Herbst geschehen, als das Landgericht Ravensburg eine Aufrechnungsklausel in den AGB einer Sparkasse mit Urteil vom 21. September 2018 (AZ: Az. 2 O 21/18) als unzulässig qualifizierte und einem Verbraucher aus diesem Grunde ein Widerrufsrecht zubilligte.

Aufrechnungsklausel?

Als Aufrechnungsklausel wird eine Textpassage in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken oder Sparkassen bezeichnet, die in etwa Folgendes beinhaltet:

„Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse/Bank nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“

Was diese Klausel ausdrücken will, ist, dass Kunden eigene Ansprüche gegen die Bank nur geltend machen dürfen, wenn ein Gericht diese Ansprüche bestätigt hat. Fordert also zum Beispiel die Bank bei der Rückabwicklung des Kreditvertrags die volle Darlehenssumme zurück und der Kunde möchte diese Forderung mit seinen eigenen Forderungen gegen die Bank auf Rückzahlung der bereits entrichteten Raten und Zinsen verrechnen, darf die Bank dies ihren AGB zufolge solange ablehnen, bis ein Gericht eingeschaltet wurde. Dies ist aber rechtlich gesehen unzulässig, wie das Landgericht Ravensburg entschied und hält den Darlehensnehmer (Verbraucher) möglicherweise davon ab, sein Widerrufsrecht zu nutzen, da dieser erst wieder einen neuen Kredit aufnehmen müsste, um der Bank die volle Darlehenssumme auf einen Schlag zurückzahlen zu können.

Widerruf?

Widerruf meint die Rückabwicklung eines Vertrages, und zwar so, als ob dieser nie existiert hätte. Diese Möglichkeit der Auflösung wurde zum Schutz für Verbraucher eingeführt, um diese vor Überrumplung und Vertragsbindung bei bestimmten Konstellationen zu bewahren. Wenn ein Verbraucher zum Beispiel im Rahmen eines Haustürgeschäftes oder auch im Internet Waren erwirbt, darf er sich innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen vom Vertrag lösen indem er den Vertrag widerruft. Gleiches gilt wegen der hohen finanziellen Belastung und langfristigen Bindung auch für Kreditverträge über 200 Euro.

Welche Konsequenzen hat das Urteil?

Schon im März 2018 entschied der BGH (Urteil vom 20.03.2018, Az. XI ZR 309/16), dass solche Aufrechnungsklauseln unwirksam sind. Nach Ansicht des LG Ravensburg dürfen Kunden, in deren Kreditverträgen diese unwirksame Klausel vorkommt, aus diesem Grund ihren Vertrag widerrufen. Das schließt das Gericht daraus, dass die falsche Widerrufsbelehrung die 14-Tages-Frist nicht in Gang setze konnte. Dadurch ist es nun möglich, sich von älteren, hochverzinsten Verträgen lösen zu können und den Kredit umzuschulden, also zu einer anderen Bank mit niedrigeren Zinsen zu wechseln, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Unter der Vorfälligkeitsentschädigung versteht man eine Art Strafzahlung, die an die Bank entrichtet werden muss, weil der Kredit früher als vereinbart aufgelöst wird und der Bank sonst erwartete und vereinbarte Zinsen verloren gingen.
In dem Urteil des LG Ravensburg ging es um einen Verbraucherkredit, es ist wohl aber auch auf Immobilienkredite übertragbar. Betroffen sind die Verträge verschiedener Banken und Sparkassen durch Gesetzesänderungen ab 11. Juni 2010 bis zum 30.03.2016. Darlehensverträge, die vorher abgeschlossen wurden, können nicht mehr widerrufen werden. Allerdings Verträge, die vor dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden unterliegen der Ausschlussfrist in Art. 229 § 38 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) und der Widerruf hätte bis zum 21. Juni 2016 erklärt werden müssen.

Dadurch ließen sich durch einen neuen Vertrag bestenfalls mehrere zehntausend Euro im Vergleich zum alten Immobilienvertrag sparen.

Fazit

Sofern Sie einen Darlehensvertrag zwischen Juni 2010 und März 2016 abgeschlossen haben, lohnt sich ein Blick in Ihren Kreditvertrag und die Überlegung, diesen zu widerrufen. Das ermöglicht Ihnen die Rückabwicklung des Altvertrags und unter Umständen den Abschluss eines deutlich günstigeren Kreditvertrags, ohne dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Verweigert die Bank Ihren Widerruf wegen Fristablaufs, sollten Sie sich anwaltliche Unterstützung holen und Ihre Rechte mit diesem durchsetzen.

Gerne stellt Ihnen unsere Kanzlei ein Musterschreiben für die Erklärung des Widerrufs gegenüber Ihrer Bank zur Verfügung. Fordern Sie das kostenlose Musterschreiben einfach unter info@wklegal.de an.

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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