Facebooks Faktencheck missverständlich
Das OLG Karlsruhe beschäftigte sich kürzlich in einem Eilverfahren mit einem […]
Werden rechtswidrige Inhalte über den Facebook-Messenger verschickt, so hat der Betroffenen keinen Anspruch auf Herausgabe der Nutzerdaten des Verschickers. Das stellte das OLG Frankfurt am Main in einem kürzlich ergangenen Beschluss fest (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.09.2018, Az. 16 W 27/18). Ihre Entscheidung gründeten die Richter dabei insbesondere darauf, dass es sich bei dem Facebook-Messenger nicht um ein soziales Netzwerk handele, da dieser in erster Linie dem privaten Austausch diene.
Dem Beschluss lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde: Über drei verschiedene Nutzerkonten waren bloßstellende Nachrichten über die Antragstellerin an deren Freunde und Familie mit Hilfe des Facebook-Messengers verschickt worden. Daraufhin ging sie gegen Facebook vor und verlangte die Löschung der Beiträge, jedoch vergeblich. Vor Gericht verlangte sie nun Auskunft über die Bestandsdaten der Nutzer, von denen die Nachrichten verschickt worden waren, ihre Namen, E-Mail- und IP-Adressen.
Die Klägerin begehrte Auskunft nach § 14 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG). Dort ist geregelt, dass in bestimmten Ausnahmefällen ein entsprechender Auskunftsanspruch des Nutzers gegenüber dem Plattformbetreiber besteht.
Die Richter verneinten jedoch bereits den Anwendungsbereich der Norm. Denn § 14 Abs. 3 TMG sei lediglich anwendbar gegenüber Diensteanbietern, die ein soziales Netzwerk im Sinne von § 1 Abs. 1 Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) betrieben. Nach dieser Vorschrift sind unter den Begriff des sozialen Netzwerkes Telemediendiensteanbieter zu fassen, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Nach Ansicht des Gerichts erfüllt der Facebook-Messenger aber eine andere Funktion, denn er diene der privaten Kommunikation.
Für diese einschränkende Auslegung des Anwendungsbereiches spricht laut der Richter sowohl der Wortlaut der Regelung als auch der Wille des Gesetzgebers. Zwar heiße es in der Gesetzesbegründung zu § 1 NetzDG, dass der „oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt(en)“ „Debattenkultur im Netz“ zu begegnen sei, doch habe der Gesetzgeber gleichzeitig auch klargemacht, dass Individualkommunikation gerade nicht vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sein soll.
Bei dem Facebook-Messenger handelt es sich aber nach Ansicht der Richter um eben solch ein Mittel zur Individualkommunikation. Zwar sei § 14 Abs. 3 TMG generell auf Facebook als soziales Netzwerk anwendbar, der Messenger diene aber dem privaten Austausch. Zwar lasse sich der Messenger mit anderen Facebook-Diensten verbinden und ermögliche es den Nutzern unter anderem anonym Nachrichten zu versenden, doch auch dies könne nicht zur Einstufung des Messengers als soziales Netzwerk führen. Auch die Möglichkeit private Nachrichten an einen großen Empfängerkreis zu versenden, könne die Eröffnung des Anwendungsbereiches der streitigen Norm nicht begründen.
Das Gericht stellte zudem weiter fest, dass § 14 Abs. 3 TMG als speziellere Norm auch die allgemeineren datenschutzrechtlichen Vorschriften verdränge, sodass auch nach diesen im vorliegenden Fall kein Schutz möglich sei.
Doch sahen auch die Richter, dass dieses Ergebnis für die Klägerin in keiner Weise zufriedenstellend sein kann. Es bestehe zwar zurzeit kein Auskunftsanspruch für derartig gelagerte Fälle, doch sah das OLG in diesem Fall den Gesetzgeber in der Pflicht eine entsprechende Norm für die Zukunft zu schaffen.
Zudem wurde, da die aufgeworfene Frage bislang noch nicht höchstrichterlich entscheiden und zudem von grundsätzlicher Bedeutung sei, die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
Es bleibt also abzuwarten, ob in dieser Sache schon das letzte Wort gesprochen ist oder ob sich auch der BGH noch mit dieser streitigen Frage beschäftigen wird.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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