Kein Schadensersatz für gebraucht gekauften VW-Diesel
Der BGH hat mit seinem Urt. v. 08.12.2020 (Az. VI ZR […]
Bereits im März 2016 hatte die Bundesregierung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Juni 2011 (AZ: C-65/09) den Entwurf des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung vorgestellt, die nun am 1. Januar 2018 in Kraft tritt. Zuvor hatte sich der Bundesgerichtshof bereits der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen und in gleicher Weise entschieden.
Hiervon betroffen waren insbesondere sog. „Einbaufälle“. Bei diesen Fällen hatte der Käufer die erworbene mangelhafte Sache nach dem Kauf in eine andere Sache eingebaut, wie z.B. in ein Haus. Als der Käufer dann feststellte, dass die gekaufte Sache mangelhaft war, war zunächst streitig, ob der Verkäufer nicht nur eine neue und mangelfreie Sache liefern muss, sondern auch die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Sache und den Einbau der neuen mangelfreien Sache tragen muss. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH muss der Händler den Aus- und Einbau bzw. die damit verbundenen Kosten grundsätzlich im B2C-Verhältnis im Rahmen seiner gesetzlichen Nacherfüllungspflicht übernehmen.
Nachfolgend stellen wir Ihnen die neuen gesetzlichen Regelungen und ihre Bedeutung im Einzelnen vor:
Durch die gesetzliche Reform wurden sind die gesetzlichen Regelungen des §439 Abs.3 BGB und die neue Regelung in §445a BGB betroffen.
§ 439 Abs. 3 BGB wird wie folgt lauten:
„Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. § 442 Absatz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache durch den Käufer tritt.“
§ 445a Rückgriff des Verkäufers wird wie folgt lauten:
„(1) Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Absatz 2 und 3 sowie § 475 Absatz 4 und 6 zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war.
(2) Für die in § 437 bezeichneten Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten bedarf es wegen des vom Käufer geltend gemachten Mangels der sonst erforderlichen Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind.
(4) § 377 des Handelsgesetzbuchs bleibt unberührt.“
Durch diese gesetzlichen Änderungen wird der Verkäufer nun nicht mehr nur aufgrund der Rechtsprechung, sondern auch aufgrund der gesetzlichen Regelung verpflichtet im Rahmen der Nacherfüllung dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau bzw. das Entfernen der mangelhaften Kaufsache zu erstatten. Ferner ist er verpflichtet die Aufwendungen für den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder neuen mangelfreien Sache zu ersetzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Einbau der mangelhaften Kaufsache nach der Art dieser Sache und ihrem Verwendungszweck vorgesehen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Käufer die Kaufsache atypisch mit einer anderen Sache verbunden hat, also eine solche Zusammensetzung nicht typisch ist. Käufer, die Verbraucher sind können für den Ausbau der mangelhaften Sache gemäß § 475 Abs. 6 BGB n.F. im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB einen Vorschuss verlangen.
Die neue gesetzliche Regelung ist in gleicher Weise auch auf den B2B Bereich anwendbar, d.h. auch Unternehmer können zukünftig die Kosten für den Aus- und Einbau von dem Käufer ersetzt verlangen.
Welche Aufwendungen erforderlich sind, bestimmt sich nach den Möglichkeiten des jeweiligen Einzelfalls. Ausgeschlossen ist der Aufwendungsersatzanspruch des Käufers nach § 439 Abs. 3 S. 2 BGB i.V.m. § 442 Abs. 1 BGB, wenn der Käufer den Mangel beim Einbau bzw. Anbringen der mangelhaften Kaufsache bereits gekannt hat.
Gemäß § 475 Abs. 4 S. 2 BGB können Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB die Ersatzpflicht auf einen angemessenen Betrag beschränken, wenn die Nachbesserung oder Nachlieferung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sind. Bei der Bemessung des angemessenen Betrags sind nach § 475 Abs. 4 S. 3 BGB n.F. insbesondere der Wert der Kaufsache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich, dass der Verkäufer nicht unbeschränkt für Kosten des Aus- und Einbaus Ersatz leisten muss.
Bei neu hergestellten Sachen können Verkäufer gemäß §445a BGB ihre Lieferanten für die von ihnen an den Käufer geleisteten Erstattungen wiederum in Regress nehmen, wenn der Mangel der Kaufsache, der zum Aufwendungsersatzanspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer geführt hat, bereits bei Übergang der Gefahr vom Lieferanten auf den Verkäufer vorhanden gewesen war. Die Beweislast hierfür trägt der Verkäufer.
Der Verkäufer muss gegenüber dem Lieferanten auch keine Frist setzen, wenn der Verkäufer die Kaufsache infolge ihrer Mangelhaftigkeit vom Käufer zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat. Gemäß § 445a Abs. 3 BGB finden diese Regressregelungen in der weiteren Lieferkette entsprechende Anwendung, d.h. der Lieferant kann die Kosten wiederum auf seinen Lieferanten abwälzen, wenn die Kaufsache bereits beim entsprechenden Gefahrübergang mangelhaft war. Nach § 445b Abs. 1 BGB n.F. beträgt die Verjährungsfrist für diese Ansprüche gegenüber den Lieferanten zwei Jahre, sie beginnt im Zeitpunkt der Ablieferung der Kaufsache beim jeweiligen Käufer.
Dabei können die Regressansprüche zukünftig auch dann gegenüber dem Lieferanten geltend gemacht werden, wenn der Verkäufer nicht an einen Verbraucher, sondern einen anderen Unternehmer verkauft und es sich damit um ein sog. B2B-Geschäft handelt. Dies stellt eine Besserstellung insbesondere für Verkäufer dar. Denn nach bisheriger Rechtslage ist ein solcher Regress beim Lieferanten nur dann möglich, wenn das letzte Glied der Lieferkette ein Verbraucher ist, der die mangelhafte Kaufsache im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB erworben hat. Künftig gibt es die Regressmöglichkeit auch dann, wenn der Letztkäufer Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist. Dies gilt dann nicht nur für Kosten im Zusammenhang mit dem Aus- und Einbau im Rahmen der Nacherfüllung, sondern auch bei sonstigen Kosten, die dem Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung gegenüber dem Käufer entstehen.
Die geänderte Vorschrift, die aufgrund ihrer systematischen Stellung sowohl auf den Verbrauchsgüterkauf als auch auf einen Vertrag zwischen Unternehmern Anwendung findet, bürdet dem Verkäufer in erster Linie weitere Pflichten auf. In zweiter Linie entlastet diese gesetzliche Regelung die Verkäufer jedoch und stellt damit eine Verbesserung des Verkäufers dar. Denn die nunmehr im Gesetz stehenden Pflichten des Verkäufers oblagen ihm bereits in der Vergangenheit aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung. Die gesetzliche Regelung sieht jedoch im Weiteren vor, dass die Verkäufer nicht „auf ihren Kosten sitzen bleiben“, weil sie zukünftig die geleisteten Kosten an ihre Lieferanten und/oder den Hersteller weitergeben können, so dass die neue gesetzliche Regelung für den Verkäufer mehr Vorteile als Nachteile bietet.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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