RSV muss Kosten für Entschädigungsansprüche wegen Betriebsschließungen tragen

Guido Kluck, LL.M. | 10. Juni 2020

Im Zuge der Pandemie bedingten Beschränkungen, die zu Betriebsschließungen führten, beauftragten vielen Unternehmen Anwaltskanzleien mit dem Auftrag Entschädigungsansprüche bei den zuständigen Behörden geltend zu machen. Die jeweiligen Rechtsschutzversicherungen lehnten aber die Deckungsanfragen für solche Fälle kategorisch ab. Begründet wurde dies zumeist mit § 56 IfSG „Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheitenbeim Menschen“ und dass Ansprüche daraus nicht vom Leistungsumfang der Versicherung umfasst wären, und es außerdem um Entschädigungsansprüche ginge, die sowieso nicht versichert wären.

Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB)

Schaut man sich die ARB einmal genauer an, so findet man eine Klausel die eine Deckung im Rahmen des Schadensersatz-Rechtsschutzes für Schadensersatzansprüche vorsieht, die nicht entweder auf einer Verletzung von dinglichen Rechten an Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen beruhen oder aus einer Vertragsverletzung resultieren.

Entschädigungsansprüche werden regelmäßig nicht ausgeschlossen. Hier sind dem Betroffenen aufgrund einer staatlichen Maßnahme Entschädigungsansprüche gegen den Staat entstanden. Diese Entschädigungsansprüche fallen aber keinesfalls unter dem Ausschluss der besagten ARB Klausel, also resultieren weder aus einer Vertragsverletzung, noch aus einer Verletzung dinglicher Rechte. Demnach deckt die Versicherungspolice auch die Fälle der Geltendmachung von Entschädigungsansprüche gegen die jeweiligen Behörden ab.

Wie ist die Entschädigung aus rechtlicher Sicht zu verstehen?

Die Entschädigung im Falle von Corona bedingten Betriebsschließungen orientiert sich an den Grundsätzen des enteignungsgleichen hoheitlichen Eingriffs, dieser ist zwar nicht mit einem Schadensersatzanspruch identisch, aber durchaus vergleichbar (so auch BGH, Urteil v. 15.10.1956 – III ZR 226/55). Abgezielt wird hier nämlich auf die Rechtsfolge und dieser lässt keine Ungleichbehandlung des Entschädigungsanspruchs und des Schadensersatzes zu.

Die Entschädigungsansprüchen zielt auf die Wiedergutmachung eines immateriellen Schadens ab und wäre damit, laut der besagten Klausel der ARB, nicht von der Rechtsschutzversicherung abgedeckt. § 56 IfSG ist aber kein Entschädigungsanspruch, es wird kein immaterieller Schaden ersetzt, sondern zielt aus die „Schadloshaltung eines Unternehmens, das wegen einer Betriebsschließungen den Ersatz des entstandenen materiellen Schadens geltend macht.“ 

Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gem. § 56 IfSG folgt den selben rechtlichen Grundsätzen wie beim gängigen Schadensersatzanspruch nach §§ 249 I, 251 I BGB. 

So auch der Bundesgerichtshof im oben genannten Urteil:

„Der Betroffene soll einen angemessenen Ausgleich desjenigen erhalten, was er im Interesse der Allgemeinheit aufgeopfert hat. Die Entschädigung soll einen materiellen Ausgleich für die erlittenen vermögensrechtlichen Einbußen darstellen.“

Einzuwenden ist auch, dass sich die Versicherung in diesen „Grenzfällen“ nicht auf die Wortwahl „Entschädigung“ oder „Schadensersatz“ stützen kann, wenn es doch deutlich um den Ausgleich eines materiellen Schadens geht.  

So auch der BGH weiter: „Dieser Anspruch auf billigen und angemessenen Ausgleich ist ein Anspruch auf eine Geldleistungen, und zwar auf die Zahlung einer bestimmten Summe, die durch einmalige oder wiederkehrende Zahlungen geleistet werden kann.“

Von einem Versicherungsnehmer, als juristischen Laien, kann nicht verlangt werden, dass er die Bedeutung und Tragweite der besagten Begriffe kennt. Darum kann erst recht nicht der Versicherungsschutz von der Wahl der Begrifflichkeit abhängig gemacht werden!

Kann der Versicherungsschutz denn noch durch andere Gründe wegfallen?

Der Versicherungsschutz bei Pandemie bedingten Betriebsschließungen kann jedenfalls nichts deswegen wegfallen, weil die Rechtsschutzversicherung eine Klausel in den ARB stehen hat, die es ausschließt Verfahren für Streitigkeiten in Enteignungs- und Planfeststellungsangelegenheiten abzudecken. Hier werden aus Kostengründen regelmäßig nur baurechtliche Enteignungs- und Planfeststellungsangelegenheiten ausgeschlossen. Das ist bei Entschädigungsansprüchen wegen Corona bedingter Betriebsschließung definitiv nicht der Fall!

Fazit

Schließlich kann festgehalten werden, dass es aus rechtlicher Sicht keinen Grund gibt, der Zweifel an einer Deckung des Versicherungsschutzes bei der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen gegenüber einer Behörde wecken könnte. Die Sachlage ist klar und darum sollten Sie eine Absage Ihrer Versicherung bei der Geltendmachung Ihrer Entschädigungsansprüche gegen eine Behörde nicht einfach so hinnehmen.

Sie haben Probleme eine Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung für die Geltendmachung Ihres Entschädigungsanspruchs, wegen Pandemie bedingter Betriebsschließung, zu erhalten? Sie möchten generell Entschädigungsansprüche gegen eine Behörde geltend machen?

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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