Das Ende der Internetabzocke?
In einem aktuellen Urteil vom 3. März 2011 hat das Amtsgericht […]
In der Nacht von Freitag zu Samstag war für viele Mobilfunkkunden der Telekom „ein Anschluss unter dieser Nummer“ mehr. Nach Angaben des Unternehmens hätten Probleme bei der Registrierung der Kunden in der zentralen Datenbank zu den massiven Ausfällen geführt. Nach weiteren Angaben soll jedoch nur das Mobilfunknetz der Telekom betroffen gewesen sein. Am Samstag Vormittag sollen die Probleme dann weitestgehend wieder behoben gewesen sein.
Doch wie ist die Rechtslage in solchen Fällen? Welche Ansprüche haben Telekom-Kunden nu gegen den Mobilfunkanbieter?
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil III ZR 98/12) muss zwischen einem Schaden wegen des Ausfalls des Mobiltelefons und des mobilen Internets unterschieden werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits einen vergleichbaren Fall im Rahmen des Festnetzanschlusses zu entscheiden und hatte dort entschieden, dass hinsichtlich des Telefons ein Schadensersatzanspruch bestehen würde. Allerdings müsse der Kunde einen tatsächlich eingetretenen Schaden nachweisen. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Schaden dann nicht vorliegen dürfte, wenn eine Auswahlmöglichkeit bestanden hat. Im vorliegenden Fall bedeutet dies nun, dass derjenige, der auf einen Festnetzanschluss ausweichen konnte, wegen des Ausfalls des Mobilfunks wohl keinen Schaden erlitten haben dürfte. Daher stünde ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann kein pauschaler Schadensersatzanspruch zu.
Ein möglicher Schaden könnte sich jedoch auch bei einer Ausweichmöglichkeit auf das Festnetz dann bestehen, wenn z.B. bei der Telekom ein sog. Flatrate-Paket gebucht gewesen ist und in ein solcher Pauschalvertrag im Festnetzbereich nicht bestand, so dass für die in der Zeit des Ausfalls geführte Telefonate dann bei dem Festnetzanbieter zusätzliche Kosten entstanden sind. In einem solchen Fall hätten Kunden dann einen Schaden erlitten, der grundsätzlich ersatzfähig wäre. Betroffene Kunden der Telekom müssten in solchen Fällen jedoch, aufgrund der grundsätzlich zu berücksichtigenden Schadensminderungspflicht, zusätzlich nachweisen können, dass die geführte kostenpflichtigen Telefonate in dieser Zeit notwendig waren, damit ein Schadensersatzanspruch dann auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde.
Lediglich hinsichtlich der fehlenden Bereitstellung der Leistung durch die Telekom steht den Kunden ein Anspruch auf Reduzierung der monatlichen Pauschale zu, soweit ein sog. Flatrate-Tarif gebucht wurde. In einem solchen Fall wäre der monatliche Pauschalbetrag um den Betrag zu kürzen, welcher für die in Rede stehende Zeit bezahlt wurde.
Beispiel:
Die monatlichen Kosten belaufen sich auf EUR 40,00. Für die Bereitstellung des Telefonanschlusses, ohne Berücksichtigung der pauschalen Kosten für geführte Telefonate, werden von der Telekom monatlich EUR 5,00 veranschlagt. Der Ausfall betrug z.B. 10 Stunden. Bei monatlich zu berücksichtigenden 30 Tagen und 24 Stunden pro Tag wären dies insgesamt 720 Stunden pro Monat. Bei diesen beispielhaften Beträgen wäre das monatlich zu zahlende Entgelt daher um 7 Cent zu kürzen.
Hinsichtlich des ausgefallenen mobilen Internets steht den Kunden der Telekom, auch unter etwas leichteren Voraussetzungen, ein Schadensersatzanspruch zu. Die Nutzbarkeit des Internets ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen. Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.
Aus diesen Gründen können betroffene Telekom-Kunden für den Ausfall des mobilen Internets grundsätzlich Schadensersatz verlangen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dieser Schadensersatz aber auf den Betrag beschränkt, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung des mobilen Internets mit der vereinbarten Kapazität angefallen wären. Gleichzeitig müssen sich die Betroffenen jedoch diejenigen Aufwendungen anrechnen lassen, welche sie aufgrund des Ausfalls nicht an die Telekom zu entrichten haben.
Aufgrund der nächtlichen Ausfallzeiten dürfte ein Schadensersatzanspruch für die meisten Betroffenen nicht erfolgreich durchsetzbar sein, was durch die hohen Anforderungen der Rechtsprechung an einen diesbezüglichen Schadensersatzanspruch zu begründen ist. Eine Geltendmachung des den Kunden zustehenden Minderungsansprüchen wegen der fehlenden Bereitstellung dürfte mangels Erheblichkeit für die meisten Kunden nicht in Betracht kommen.
Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).
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