Tesla-Touchscreen kann zu Fahrverbot und Punkten führen

Guido Kluck, LL.M. | 28. August 2020

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 1 Rb 36 Ss 832/19) entschied nun, dass ein Touchscreen zur Bedienung des Fahrzeugs ein elektronisches Gerät ist. Damit fällt die Bedienung des Touchscreens unter den sogenannten Handy-Paragraphen des §  23 StVO.

Tenor:

„Der fest im Fahrzeug der Marke Tesla eingebaute Berührungsbildschirm (Touchscreen) ist nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe ein elektronisches Gerät im Sinn des § 23 Abs. 1a Satz 1 und 2 StVO, dessen Bedienung dem Kraftfahrzeugführer nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift gestattet ist. Es komme nicht darauf an, welchen Zweck der Fahrzeugführer mit der Bedienung verfolgt (hier: Einstellung zum Betrieb notwendiger Funktionen).“

§ 23 Abs. 1 S. 1 und 2 StVO

„(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

  1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
  2. entweder a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder.“

Sachverhalt

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorschriftswidrigen Benutzens eines elektronischen Gerätes (Touchscreen) während der Fahrt in einem Kfz zu einer Geldbuße von 200 EUR und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. 

Am 15.03.2019 befuhr der Betroffene mit einem Fahrzeug (Marke Tesla) eine Bundesstraße entlang. Fest neben dem Lenkrad über der Mittelkonsole befindet sich, wie bei Tesla üblich, ein installierter Berührungsbildschirm. Auf ihm können unter anderem die Intervalle des bereits wegen starken Regens eingeschalteten Scheibenwischers eingestellt werden.

Als der Betroffene den Touchscreen bediente, um die Geschwindigkeit des Scheibenwischers einzustellen, hat er das Verkehrsgeschehen nicht genügend beachtet. Deswegen kam er nach rechts von der Fahrbahn ab, geriet in die Böschung und kollidierte dort mit einem Netzknotenstationierungszeichen und mehreren Bäumen.

Rechtliche Wertung

Das AG hatte erstinstanzlich ausgeführt, dass der fest installierte Berührungsbildschirm ein elektronisches Gerät sei. 

Gegen die Verurteilung legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein, doch das OLG  Karlsruhe schloss sich der amtsgerichtlichen Wertung an. 

Die Verteidigung brachte vor, dass es sich um „ein sicherheitstechnisches Bedienteil und damit eben gerade nicht um ein elektronisches Gerät“ handle. Diese Meinung verwarf jedoch das Gericht.

Die Richter fragten daher nach dem Sinn des Gesetzes, da es keine einschlägige Kommentierungen zu diesem Thema gibt. 

„Natürlich beziehe sich § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO zunächst auf Geräte der Unterhaltungselektronik und der Ortsbestimmung. Auch würden dort einzelne Gerätetypen aufgezählt, aber es ergebe sich schon aus dem Wort «insbesondere», dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handele. Genannt sei auch der Berührungsbildschirm ohne jegliche Einschränkungen. Damit sei auch die Bedienung originärer Funktionen eines Fahrzeugs, wie etwa eines Scheibenwischers, mit umfasst.“ 

Touchscreen-gesteuerte Scheibenwischer sind als elektronisches Gerät zu werten

Der Scheibenwischer fällt also offensichtlich aus der Systematik der explizit aufgelisteten Geräte.  Es handle sich aber letztendlich um ein elektronisches Gerät, der in den Schutzbereich der Norm fällt.

„Auch die Einstellung der zum Betrieb des Kraftfahrzeugs notwendigen Funktionen über Touchscreen (hier: Einstellung des Wischintervalls des Scheibenwischers) sei daher nur gestattet, wenn diese nur mit einer nur kurzen, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepassten Blickzuwendung zum Bildschirm bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen verbunden sei.“

Rechtstipp

Die Nutzung von Berührungsbildschirmen während der Fahrt ist nicht grundsätzlich verboten! Soweit Sie nur einen kurzen Blick, unter guten Straßen-, Verkehrs-, Sicht-, und Wetterverhältnissen, auf den Touchscreen werfen, ist es also erlaubt. Das ist deswegen so, weil der Scheibenwischer ja über das Lenkrad gesteuert wird; die Intervallschaltung des Scheibenwischers jedoch über den Touchscreen. Schauen Sie also nur kurz auf den Touchscreen gibt es kein vorwerfbares Verhalten. Sollten Sie etwas an den Einstellungen ändern wollen (z.B. der Einstellung des Scheibenwischers), sollten Sie bitte rechts ran fahren. 

Fazit

Aus juristischer Sicht wurde mit dieser Entscheidung Neuland betreten und daher für Verkehrsrechtler von großer Bedeutung.

Als Automobilhersteller, wie auch als technikbegeisterte Autokäufer, wird man sich nicht über diese Entscheidung freuen. 

Für Hersteller bedeutet es, dass sie sich die Entscheidung sehr sorgsam anschauen müssen. Bei der zukünftigen Entwicklung ihrer Bedienkonzepte muss diese Entscheidung auch berücksichtigt werden. 

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Lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema „Ansprüche nach Verkehrsunfall

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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