VW-Dieselskandal: Übersicht über bisherige Entscheidungen

Guido Kluck, LL.M. | 8. September 2021

Und wieder muss sich der BGH mit dem VW-Dieselskandal befassen. Dieses mal geht es zwar um die Rückzahlung von Leasingraten, aber damit Sie den Überblick über die bisherigen Entscheidungen nicht verlieren, fassen wir sie hier noch einmal kurz zusammen.

Können Leasingnehmer die Leasing-Rate zurückverlangen, wenn das Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen war?

Mit dieser Frage beschäftigen sich nun die zuständigen Richter am Bundesgerichtshof. Bisher wurde ein Schadensersatzanspruch für Kunden grundsätzlich angenommen. 

Verjährung

Im Falle der Verjährung von Ansprüchen hat der BGH mit Urteil vom 29.07.2021 (Az. VI ZR 1118/20) entschieden, dass wenn der Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen VW seine hieraus gegen VW resultierenden Ansprüche zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet hat, dies einer Verjährung entgegensteht, auch wenn die Anmeldung erst nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist erfolgte. Unschädlich ist es laut Bundesgerichtshof auch, wenn der Anspruch allein zum Zweck der Verjährungshemmung zum Klageregister angemeldet wurde.

Kurz: Die umfassende Medienberichterstattung führte nicht automatisch dazu, dass Betroffene Kenntnis vom Dieselskandal haben mussten. Es kommt auf den Zeitpunkt der vorher erhobenen Musterfeststellungsklage an.

Kleiner Schadensersatzanspruch

Der BGH urteilte am 06.07.2021 (Az. VI ZR 40/20), dass die Käuferin eines VW-Diesels mit manipulierter Abgassoftware im Rahmen des sogenannten kleinen Schadensersatzanspruchs vom Hersteller Ersatz des Fahrzeugminderwerts verlangen kann.

Einschränkungen nahm der BGH allerdings dann vor, wenn ein nachträglich aufgespieltes Software-Update den Fahrzeugwert positiv beeinflusst hat.

Nutzungen anrechnen lassen – keine Deliktszinsen

Auch urteilte der BGH am 30.07.2020 (Az. VI ZR 397/19), dass VW getäuschten Diesel-Käufern zwar Schadenersatz, aber keine Deliktszinsen zahlen muss, da Kunden für ihr Geld ein voll nutzbares Fahrzeug erhalten haben. Der Schadensersatz kann zudem durch intensive Nutzung des Fahrzeugs auf Null sinken, wenn mit dem betroffenen Auto so viele Kilometer zurückgelegt wurden, dass die geschätzte Laufleistung des Autos überschritten ist.

Kein Entfallen des Schadensersatzanspruchs bei Weiterverkauf

Für den Gebrauchtwagenhandel war die Entscheidung vom 20.07.2021 (Az. ZR 533/20 und 575/20) sehr erfreulich, denn wer ein vom Abgasskandal betroffenes Auto gekauft hat, hat auch dann einen Schadenersatzanspruch gegen den Hersteller, wenn er das Auto inzwischen weiterveräußert hat. Einschränkungen machte der BGH allerdings bzgl. des Erlöses, denn dieser sei vom Schadensersatzanspruch abzuziehen. Lesen Sie hierzu unseren Artikel: „Kein Schadensersatz für gebraucht gekauften VW-Diesel“

Extrakosten für Ratenfinanzierung sind schadensersatzfähig

Der BGH urteilte  am 13.04.2021 (Az. VI ZR 274/20), dass Käufer, die einen gebrauchten VW-Diesel mit Schadsoftware erworben und den Pkw teilweise mit einem Kredit bei der VW-Bank finanziert haben, diese Finanzierungskosten im vollen Umfang zurückverlangen können.

Fazit 

Der BGH äußerte sich deutlich und auch vielfach über die verschiedenen rechtlichen Streitpunkte. So auch zum Thema des verpflichtenden Thermo-Updates. Dieser stellt keine unzulässige Abschalteeinrichtung dar, da es hier am sittenwidrigen Verhalten seitens des Herstellers fehle (Beschluss vom 09.03.2021 – Az. VI ZR 889/20). Lesen Sie dazu unseren Beitrag: „BGH: Kein Schadensersatz für alle Käufer von VW-Dieseln wegen Software-Update

Da der BGH immer nur bezüglich VW als Hersteller entschieden hat, sind Klagen gegen Audi als Tochterunternehmen eventuell nicht so erfolgsversprechend, wie es Klagen gegen VW waren. Bisher konnte man Audi keine Beteiligung am Abgasskandal nachweisen. Hierzu: „Audi ist nicht VW

Die Gerichte befassen sich nun schon seit langer Zeit mit dem Abgasskandal und der „Schummelsoftware“. Die richterlichen Erwägungsgründe sind bezüglich von (positiven) Schadensersatzurteilen klar am Wortlauf des § 826 BGB orientiert und nehmen mit der Software eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung an. Dieser Schaden muss ersetzt werden! Aus unserer Sicht muss das auch bei Leasing-Nehmern so sein, denn auch wenn man annehmen könnte, dass sie ja ein funktionsfähiges Fahrzeug erhalten haben, haben sie sich gerade aufgrund des angeblichen geringen Schadstoffausstoßes für das Fahrzeug entschieden, welches dann aber in sittenwidriger Weise mit einer Schummelsoftware versehen war. 

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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