Wer sich fest­k­lebt, haftet!

Guido Kluck, LL.M. | 23. Dezember 2022

Was ist denn nun? Haften Klimaaktivisten oder nicht? Wir haben uns die Rechtslage näher angeschaut und meinen: Klimaaktivisten haften jedenfalls, wenn sie den die öffentliche Infrastruktur blockieren!

Im Folgenden stellen wir dazu die Rechtslage dar:

In der vergangenen Woche haben Klimaaktivisten den BER Flughafen blockiert. Dadurch kam es zu enormen Verzögerungen im Flugverkehr, was Auswirkungen auf die Fluggesellschaft, aber auch die Passagiere hatte. Die wirtschaftlichen Schäden sind insgesamt immens. Immer wieder sind auch Autobahnen von den Blockaden betroffen.

Juristen uneins – Haftung oder nicht 

Eine Ansicht der Rechtswissenschaft vertritt die Auffassung, dass Haftungsansprüche kaum Aussicht auf Erfolg hätten, da eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB tatbestandlich nicht bestehe. Es würde ja schon an der Sittenwidrigkeit scheitern, da „den Aktivisten altruistische Motive zugute zu halten“ wären. Das ist aber eine klare Wertungsfrage. So können diese Motive doch nicht das Meinungsbild aller Bürgerinnen und Bürger tragen. 

Sittenwidrigkeit durch Vorsatz

Viel überzeugender ist doch eins: Man nimmt rechtlich eine Vermögensschadenshaftung in Fällen der Störung der öffentlichen Infrastruktur für fahrlässiges Handeln an. Der Vorsatz ist gesetzlich nicht vorgesehen und soll vielmehr über den § 826 BGB abgedeckt werden. Die Sittenwidrigkeit wird doch gerade dadurch deutlich, dass die Aktivisten vorsätzlich in die öffentliche Infrastruktur eingreifen. 

Sittenwidrigkeit durch Missachtung rechtsstaatlicher Möglichkeiten zur Kundgabe der Meinung

Darüber hinaus gäbe es für die Aktivisten rechtsstaatliche Möglichkeiten, um auf Missstände hinzuweisen, die Meinung zu bekunden und „etwas zu bewegen“, nämlich über Vereine, Versammlungen und Parteiarbeit. 

Dass die Klimaaktivisten nicht auf diese Möglichkeiten zurückgreifen, die grundgesetzlich geschützt sind, zeigt, dass ihr Handeln jedenfalls wenn sie sich auf die Fahrbahn kleben, grundsätzlich als Sittenwidrig eingeschätzt werden kann. 

Grenzen der Versammlungsfreiheit 

Die Versammlungsfreiheit findet ihre Grenzen dort, von andere geschädigt, oder behindert werden, erst recht wenn das Hauptziel der Aktivisten die Schädigung und Behinderung anderer Bürger ist. 

Kann ich Ansprüche gegen die Airline erheben? 

Da es sich bezüglich des Aufklebens auf die Fahrbahn für die Airline um „höhere Gewalt“ handelt, raten wir davon ab Ansprüche gegen die Airline zu erheben. Anders kann es aber sein, wenn die Airline durch eigenes Verschulden, den Betrieb nach einer überlangen Wartezeit erst wieder aufnimmt. Im Einzelfall muss das überprüft werden. Sollte das der Fall sein, steht Ihnen ein Anspruch auf Erstattung der Tickets zu oder eine Umbuchung. 

Ansprüche gegen Klimaaktivisten denkbar? 

Strafrechtlich wurden schon Aktivisten zur Verantwortung genommen. Ein Richter am Amtsgericht Berlin-Tiergarten schickte einen 21-Jährigen mit 600 Euro Geldstrafe wegen Nötigung und der Ermahnung nach Hause: „Die Mittel, die Sie gebraucht haben, sind antidemokratisch. Ich kann nicht glauben, dass Ihnen nichts anderes einfällt, als andere Leute in ihren Grundrechten einzuschränken.

Zivilrechtlich sind nach unserer Auffassung, wie oben bereits erklärt, direkte Ansprüche denkbar und zwar nach § 826 BGB. Daraus kann ein Schadensersatzanspruch für materielle und immaterielle Schäden entstehen. Natürlich kommt es auf den Einzelfall an und Bagatellschäden werden von den Gerichten nicht gerne gesehen. Der persönliche Schadenseinschlag kann aber aus einem kleinen (Bagatell-)Schaden einen großen Schaden machen. Wenn man sich vorstellt, dass mit dem Krankenwagen nicht durch eine blockierte kommt und zu spät am Einsatzort ist und durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden kann, dass bei rechtzeitigen Ankommen des Krankenwagen am Unfallort eine Rettung des Patienten oder eine Minderung des Schadens möglich gemacht hätte, wäre die Geltendmachung von Schadensersatz nach § 826 BGB absolut denkbar und auch grundsätzlich erfolgsversprechend. Kommt man zu spät zu einem Termin und kann den genauen Schaden beziffern und nachweisen, so sehen wir hier ebenfalls eine Aussicht auf Erfolg. Lassen Sie Ihren Fall durch unsere Zivilrechtsexperten überprüfen!

Fazit 

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. So regelt das Gesetz die Schadensersatzpflicht im Falle vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB. Die Strafgerichte gehen nicht zimperlich mit den Aktivisten um und verhängen erste Geldstrafen. Zivilrechtlicher sind sich noch uneinig, ob eine Schadensersatzpflicht besteht. Artikel, die die Schadensersatzpflicht ablehnen, bringen die persönliche Wertung der Autoren zu stark zum Ausdruck. So sprechen sie alle möglichen Anspruchsgrundlagen an, lassen sie aber am Ende durch eigene Wertungen scheitern. Es kommt aber auf den Einzelfall an. Natürlich kann auch eine kurze Beeinträchtigung zur Entstehung eines Schadensersatzanspruchs ausreichen. Und die Erklärung, dass eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach einer Abwägung als „unwahrscheinlich“ einzustufen ist, überzeugt uns nicht. 

Wir könnten noch weitere Ausführen dazu auf unserem Blog schreiben, das würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen. Viel lieber schauen sich unsere Experten Ihren Einzelfall an und prüfen die Rechtslage vollumfänglich. Melden Sie sich bei uns! Unser Team steht Ihnen gerne schnell und unkompliziert zur Seite und berät Sie gern. 

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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