Werbung im Einzelhandel – Vom BGH abgesegnet

Guido Kluck, LL.M. | 28. Februar 2019

Werbung ist für die meisten Unternehmen ein unverzichtbarer Teil ihres Geschäfts. Sie soll den Absatz der eigenen Waren bzw. Dienstleistungen fördern. Dabei sind jedoch gerade im Wettbewerbsrecht viele Regeln zu beachten. Ein gutes Beispiel ist der Fall, den der BGH im Sommer 2016 auf dem Tisch hatte. Es ging dabei um die wettbewerbsrechtliche Bewertung der Möglichkeit der Einlösung von Fremdcoupons.

Werbung im Wettbewerbsrecht

Das Wettbewerbsrecht soll Unternehmer, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen schützen, § 1 UWG. Es verbietet eine Reihe geschäftlicher Handlungen, die einem fairen Wettbewerb entgegenstehen, Regelungen zur Werbung eingeschlossen. Verboten sind durch die §§ 3 ff. UWG unter anderem Werbung unter der Angabe, dass Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt bei Nichterwerb bzw. Nichtinanspruchnahme des Produktes/der Dienstleistung gefährdet seien. Darüber hinaus auch Mitbewerberbehinderung, aggressive Beeinflussung, Irreführung, Vergleichende und stark gefühlsbetonte Werbung, unberechtigte Alleinstellungswerbung und unzumutbare Belästigungen.

Wer sich nicht an die Vorgaben hält, riskiert Ansprüche Dritter auf Beseitigung, Unterlassung, Schadensersatz und Gewinnabschöpfung, die meist von Mitbewerbern im Wege einer Abmahnung eingefordert werden. Außerdem enthält das UWG Straf- und Bußgeldvorschriften, die mit bis zu fünf Jahren Gefängnis und bis zu dreihunderttausend Euro Bußgeld nicht unerhebliche Konsequenzen beinhalten.

Der Fall des BGH

Gerade im Einzelhandel gibt es einen harten Konkurrenzkampf der Marktteilnehmer. Jeder will sein Stück vom Kuchen abhaben und schlägt auch gerne mal beim Konkurrenten zu. Die Drogeriekette Müller kam schon vor einigen Jahren auf die Idee, die Rabattcoupons anderer Drogerieketten und Parfümerien für ihre eigene Werbung zu nutzen. So gewährte sie einen 10%-Rabatt an der Kasse, wenn Kunden einen 10%-Coupon der Mitbewerber vorlegten. Das Abgreifen der Kunden ärgerte nicht nur die entsprechenden Drogerien, sondern auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die Klage gegen Müller erhob. Sie sah § 4 Nr. 4 UWG (Mitbewerberbehinderung) und § 5 UWG (Irreführung) als erfüllt an. Damit scheiterte sie letztendlich aber in allen Instanzen, zuletzt auch beim BGH (Urt. v. 23.06.2016 – I ZR 137/15).

§ 4 Nr. 4 UWG

Bei einer unlauteren Behinderung von Mitbewerbern i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG müssen die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber beeinträchtigt werden, die über das normale Maß des regulären Wettbewerbs hinausgeht und sogenannte „Unlauterkeitsmerkmale“ aufweist. Die Beeinträchtigung muss Mitbewerber gezielt an ihrer Entfaltung hindern sollen. Die Einschätzung der Unlauterkeit erfolgt durch eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls.

In dem konkreten Fall der Drogeriekette verneint der BGH die Behinderung, da die Inhaber der Gutscheine diese nicht zwangsläufig auch einlösen würden, also noch gar keine Kunden seien und da die Kunden von der Müller-Drogeriekette auch nicht abgehalten würden, die Gutscheine beim Aussteller selbst einzulösen. Diese könnte vielmehr selbst entscheiden, wo sie die Gutscheine einlösen möchten. Sich an fremde Rabatt-Coupon-Aktionen anzuschließen sei genauso erlaubt wie die Anpassung der eigenen Preise an die Konkurrenz.

Schließlich stellte der BGH zu § 4 Nr. 4 UWG klar, dass die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb gar keine Klagebefugnis habe, da nur Mitbewerber untereinander eine Mitbewerberhinderung geltend machen können.

§ 5 UWG

§ 5 UWG untersagt irreführende geschäftliche Handlungen. Damit sollen unwahre und unklare Angaben bzw. Aussagen verhindert werden, die Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung veranlassen könnten, die sie so nicht getätigt hätten. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Zum Drogeriefall entscheidet der BGH, dass die Formulierung der Werbeaussagen bezüglich der Einlösbarkeit von Fremdcoupons eindeutig seien und § 5 UWG daher nicht einschlägig sei.

Fazit

Wie der Fall rund um die Werbung mit der Einlösbarkeit von Fremdcoupons zeigt, kann es rechtlich gesehen durchaus möglich und erlaubt sein, sich an fremde Werbemaßnahmen anzuhängen. Dabei sind aber die Vorgaben des UWG und der Rechtsprechung zu beachten. Außerdem sollte man die Risiken eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht im Blick behalten. Es empfiehlt sich, Rücksprache mit einem auf das Wettbewerbsrecht spezialisiertem Rechtsanwalt. Dieser kann mögliche Konsequenzen abschätzen und abwägen. Unsere Kanzlei berät Sie gerne bei geplanten Werbekampagnen oder auch im Ernstfall bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.

Übrigens: Müller legte im Herbst 2018 noch eine Schippe drauf und erhöhte den 10 %-Nachlass bei Vorlage eines 10 %-Coupons auf stolze 15 % Nachlass.

Jetzt teilen:

Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

ÜBER DIESEN AUTOR ARTIKEL VON DIESEM AUTOR

Das könnte Sie auch interessieren

5. August 2009

Abgemahnt wird …

Das Thema Abmahnung ist nach wie vor besonders bei kleinen und […]

Holen Sie sich Unterstützung

SIE HABEN NOCH FRAGEN?

Online Termin vereinbaren

Buchen Sie direkt online Ihren Termin für eine kostenlose Erstberatung. Der für Sie zuständige Rechtsanwalt wird Sie dann zu dem von Ihnen ausgewählten Termin anrufen.

Antworten per WhatsApp

LEGAL SMART beantwortet rechtliche Fragen auch per WhatsApp. Schreiben Sie uns einfach an und stellen Sie Ihre Frage. Antworten gibt es anschließend direkt auf Ihr Handy.

LEGAL SMART Anwaltshotline

Viele Fragen lassen sich mit einem Profi in einem kurzen Gespräch rechtssicher klären. Mit der LEGAL SMART Anwaltshotline steht Ihnen unser Anwaltsteam für Ihre Fragen zur Verfügung. Bundesweite Beratung über die kostenlose Anwaltshotline unter 030 - 62 93 77 980.

LEGAL SMART RECHTSPRODUKTE

ANWALTLICHE LEISTUNG ZUM FESTPREIS

LEGAL SMART Rechtsprodukt Vertragscheck
299,00 €

Vertragscheck

Machen Sie keine Kompromisse. Lassen Sie Ihren Vertrag anwaltlich prüfen, bevor Sie ihn unterschreiben. Professionell und zum Festpreis.

LEGAL SMART Rechtsprodukt DSGVO Website Update
249,00 €

DSGVO Website Update

Das Update für Ihre Website nach den Anforderungen der DSGVO und haben Sie keine Angst vor Abmahnungen oder Bußgeldern.

LEGAL SMART Rechtsprodukt Markenverlängerung
49,00 €

Markenverlängerung

Schützen Sie Ihre Marke auch über die gesetzliche Schutzfrist von 10 Jahren hinaus. Verlängern Sie Ihren Markenschutz einfach online.

MEHR PRODUKTE Anwaltliche Leistung zum Festpreis

LEGAL SMART Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

LEGAL SMART ist die Legal Tech Kanzlei für wirtschaftsrechtliche Themen. Durch konsequente Prozessoptimierung interner und externer Prozesse bieten wir neue Lösungen für verschiedene Fragestellungen. So ist das Recht für jeden zugänglich; schnell, digital und trotzdem mit der Expertise und Kompetenz einer erfahrenen Wirtschaftsrechtskanzlei. Denn Legal Tech ist mehr als nur der Einsatz von Technologie. Legal Tech ist die Bereitstellung juristischer Kompetenz.