Wowereit vs. „Dschungelmutti“: Round 1!

Guido Kluck, LL.M. | 25. Januar 2013

Auch wenn man es persönlich schafft die Übertragungen des TV-Formates „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ oder kurz „Dschungelcamp“ zu umgehen, so kommt man doch nicht umher, die Vielzahl der sich darauf beziehenden Berichterstattungen zu vermeiden, was nachvollziehbar ist, weil es sich – so Desirée Nick am Dienstag bei Markus Lanz – um ein Format mit einem Marktanteil von ca. 45% handeln soll.

Nachvollziehbar ist daher auch, dass Äußerungen der Teilnehmer mitunter für entsprechenden Wirbel sorgen. Ein solcher Wirbel wurde am vergangenen Samstag durch die Teilnehmerin Olivia Jones, die Desirée Nick bei Markus Lanz als „Dschungelmutti“ bezeichnete, ausgelöst.

Was war passiert? Die Teilnehmer des Dschungelcamps, so der Stern in seinem diesbezüglichen Bericht, wurden gefragt, was „kleines Eichhörnchen“ auf Litauisch heißt. Die Antwortmöglichkeiten lauteten A: Wowereit, was richtig gewesen wäre, und B: Merkel. Im Rahmen dieser Frage stellte eine Teilnehmerin dann Olivia Jones die Frage nach ihrer Bekanntschaft zu dem Politiker Wowereit. Hierauf soll Olivia Jones nach der Berichterstattung des Focus geantwortet haben: „Das war nur ein Mal“.

Diese in Australien getätigte Aussage war nun Grund genug für die gesamte Presselandschaft darüber zu spekulieren wie das Verhältnis des Regierenden Bürgermeisters von Berlin zu Olivia Jones aussähe. Nach Auskunft des Magazins „Der Stern“ scheint der Regierende Bürgermeister von Berlin allerdings wenig amüsiert zu sein über diese Art der Gerüchte und ein Senatssprecher soll nun auf Anfrage bestätigt haben, dass der Politiker rechtliche Schritte gegen Äußerungen im Dschungelcamp bzw. Olivia Jones und ihre Verbreitung prüfen lasse.

Es ist also dieses mal nicht Facebook, ein Blog oder sonstige im Internet veröffentlichte Meldungen, sondern zwei „Prominente“, welche sich über die rechtliche Zulässigkeit von Äußerungen über andere Personen auseinandersetzen werden bzw. deren Möglichkeiten prüfen lassen.

Doch welche Möglichkeiten könnte Klaus Wowereit prüfen lassen? Im Zentrum der Prüfung dürften Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stehen.

Diese Einschätzung dürfte sich auch nach deutschem Recht richten, auch wenn sie in Australien getätigt wurde. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob das Format für den deutschen TV Markt gedreht bzw. übertragen wurde. Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 08.05.2012, AZ: VI ZR 217/08) ist international auch das Gericht zuständig, an dessen Ort das Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen hat. In der Regel ist dies der Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes, was im Falle von Klaus Wowereit Berlin sein dürfte.

Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um ein sog. Rahmenrecht. Es wurde als spezielles Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 GG entwickelt und schützt den engeren persönlichen Lebensbereich. In diesem Rahmen obliegt es grundsätzlich dem Einzelnen, selbst darüber zu entscheiden, ob und wie er in der Öffentlichkeit dargestellt wird, so dass zu derlei Vorgängen in der Regel die Zustimmung des Betroffenen erforderlich ist. Das betrifft sowohl dessen getätigte Aussagen, Fotos / Bildnisse seiner Person oder auch den Umgang mit seinen persönlichen Daten. Das gilt insbesondere im Bereich der unantastbaren Privat- und Intimsphäre. Hiergegen wird dann verstoßen, wenn aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen grundrechtlich geschützte Belange, bei besonderer Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles, betroffen sind. Bei dieser Abwägung sind dann auch die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist deshalb nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt, was durch die zuvor benannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 08.05.2012 – VI ZR 217/08) – unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt wurde.

 

Was bedeutet das nun in der Einschätzung des „Falles Wowereit“? Im Rahmen der Bewertung steht der Satz „Das war nur ein Mal …“.

Diese Aussage selbst ist relativ unbestimmt, da sich aus ihr nicht abschließend ergibt, was „nur ein Mal“ gewesen sein soll. Aufruhr erhielt der Satz deswegen, weil die Schlüpfrigkeit der Berichterstattung hieraus ein intimes Verhältnis zwischen Klaus Wowereit und Olivia Jones machen wollte. Würde man diese Interpretation zu Grunde legen so wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Intimbereich des Politikers betroffen.

Der Schutz der Intimsphäre resultiert ebenfalls aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 1969, Az. 1 BvL 19/63 – Mikrozensus; BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, Az. 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, – Volkszählung). Die Intimsphäre schützt die innere Gedanken- und Gefühlswelt und den Sexualbereich. Außerdem werden Teile der Intimsphäre im Grundgesetz durch das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit abgedeckt.

Stellt man also darauf ab, dass durch diese Äußerung eine Aussage über den Sexualbereich des Politikers getroffen wurde, so wäre der Intimbereich von Klaus Wowereit betroffen gewesen und Olivia Jones hätte eine derartige Aussage nicht treffen dürfen, wenn sie hierzu keine Einwilligung hatte, wovon jedoch nicht auszugehen ist. Ohne eine solche Einwilligung hätte es jedoch ausschließlich dem Betroffenen oblegen, selbst darüber zu bestimmen, ob und wie er in der Öffentlichkeit dargestellt werden möchte und insbesondere ob eine intime Beziehung zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelangen soll.

Hiergegen dürfte man auch nicht entgegen treten können. Auch wenn der Berliner Politiker eine Person des öffentlichen Lebens ist, so dürfte kein legitimes Interesse der Öffentlichkeit bestehen zu erfahren, wie sich der Politiker in seinem Intimleben verhält bzw. mit wem er dieses teilt … oder auch nicht. Das vermeintliche Interesse der Öffentlichkeit hat hier in jedem Fall hinter den Interessen des Politikers zurück zu treten.

Aufgrund der Unbestimmtheit könnte der betreffende Satz aber auch unbedenklich sein. Wie man den Presseberichten entnehmen kann, gab es verschiedene Veranstaltungen auf welchen Klaus Wowereit und Olivia Jones zusammen gastierten. Daher könnte sich der Satz auch auf in der Öffentlichkeit stattfindende Tatsachen beziehen, welche „nur ein Mal“ stattgefunden haben. In diesem Fall würde es sich um eine Tatsache handeln, die einerseits wahr wäre und andererseits nicht den Intimbereich, sondern den Bereich des öffentlichen Interesses betreffen. In diesem Fall müsste ein Politiker, der im Interesse der Öffentlichkeit steht, diesbezügliche Äußerungen hinnehmen.

Es bleibt daher abzuwarten, ob einerseits noch eine Konkretisierung der Aussage erfolgen wird und auf welchen Bereich sie sich beziehen mag. Sollte keine Konkretisierung erfolgen, so dürfte interessant sein, wie der Regierende Bürgermeister die Aussage „wertet“ bzw. verstehen will und ob ein Gericht dieser Ansicht folgen würde.

 

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Guido Kluck, LL.M.

Rechtsanwalt Guido Kluck LL.M. ist Partner der Kanzlei LEGAL SMART am Standort Berlin. Er ist Ansprechpartner für das Recht der neuen Medien sowie für die Bereiche Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Urheberrecht, IT-Recht, Vertragsrecht und das Datenschutzrecht (DSGVO).

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